NICHT in dieser verfluchten Galaxis Pi – dieser - Garnisonseinheit. Dieser Surat von Galaxy Commander hatte sie wohl explizit für seine Garnisonseinheit angefordert. Und beraubte Sandra dadurch aller Möglichkeiten, mehr Ehre auf ihrem Kodax zu sammeln. Der Traum auf einen Blutnamen war in weite Ferne gerückt.
Als sie in den Korridor einbog, der zu Thans Büro führte, hielt sie kurz inne. Die Wände bestanden aus einfachen, zusammengenieteten Metallwänden. Schmucklos, aber effektiv. Ganz nach Art der Clans. Unter der Decke waren in regelmäßigen Abständen Lampen angebracht, die den Gang in ein kaltes, aggressives Licht tauchten. Normalerweise hätte Sandra diese Aggressivität begrüßt. Jetzt aber atmete sie einige Male tief ein um ihre Emotionen unter Kontrolle zu bringen. Blinde Wut hatte noch niemanden geholfen. Besser war es, den Gegenüber in dem Glauben zu lassen, dass man von blinder Wut geleitet wurde.
Langsamen Schrittes ging sie auf Thans Büro zu. Ohne Anzuklopfen öffnete Sandra die Tür und lies sie bewusst an die Wand knallen. Sofort warf sie das Pad in ihrer Hand in Richtung des arrogant aussehenden Typen hinter dem Schreibtisch. Im letzten Moment gelang es diesem dem Pad auszuweichen, erst dann sah er zu ihr. Sandras behielt die Haltung eines aufgebrachten Raubtiers – bereit, die Beute jeden Augenblick anzuspringen und zu zerfetzen. In dieser Haltung musterte sie ihr Gegenüber. Mit seinen Mitte 30 hatte er nach Clanmaßstäben seine beste Zeit bereits hinter sich. Anerkennend musste sie feststellen, dass er seinen Körper alles andere als vernachlässigt hatte. Die Uniformjacke – auf der sich die Rangabzeichen eines Galaxy Commanders befanden – hatte er geöffnet. Somit konnte Sandra deutlich das Spiel seiner Muskeln verfolgen, als Than das Pad aufhob, auf dem der Versetzungsbescheid noch geöffnet war. Seine Haare hatte er nach Art der Mechkrieger kurz geschoren. Die wachen und aufmerksamen Augen, die Sandra zuvor kalt gemustert hatten, sahen nun auf das Pad.
„Demzufolge bist du Star Colonel Sandra?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. „Darf ich dir Star Colonel Andrej vorstellen?“ Sandra folgte seiner Handbewegung und erst jetzt bemerkte sie den anderen Mann im Raum, der in einem Stuhl schräg gegenüber Thans Schreibtisch saß. Sie verfluchte sich in Gedanken, dass sie ihn übersehen hatte. Ein unverzeihlicher Fehler für einen Krieger. Scheinbar hatte sie ihre Wut doch nicht so unter Kontrolle, wie sie gehofft hatte. Andrej war ebenfalls schon fortgeschrittenen Alters, aber nicht annähernd so gut trainiert wie Than. Er wirkte sogar etwas untersetzt – aber das konnte durch die sitzende Haltung täuschen. Seine kurzgeschorenen Haare enthielten einen deutlichen Grauanteil. Im Gegensatz zu Than war sein Blick wärmer und irgendetwas an Andrej sorgte dafür, dass Sandras Wut nachließ. Schnell wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Than zu.
„Was kann ich für dich tun?“ Die Frechheit, die diese Frage in ihren Augen bedeutete brachte ihr Blut wieder zum Kochen. „Wie kommst du Surat dazu, mich für deine Stravag Garnisonseinheit anzufordern?“ Ihre Stimme war kalt und stand im krassen Gegensatz zu ihrer restlichen Haltung. Than drückte einige Tasten auf der Tastatur vor ihm. Er lächelte freundlich, als er sich ihr wieder zuwandte. Eine Geste, die für Sandra an Arroganz nicht zu überbieten war. „Deine Akte ist beeindruckend. Ein Star Colonel mit Deinen Fähigkeiten fehlte mir noch in meiner Galaxie. Wenn ich ehrlich bin, waren die anderen Galaxy Commander froh, dass jemand mit – wie sie es nannten - minderwertigem Genmaterial NICHT Teil ihrer Einheit ist. Sie betrachten nur, dass Du als Einzige aus deiner Geschko überhaupt zum Positionstest zugelassen wurdest. Ich wollte dich, weil ich deine Fähigkeiten schätze.“ Sandras Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Kalt, eisig, undurchdringlich. Sie nahm eine gerade förmliche Haltung an. Als sie sprach hatte jeder im Raum das Gefühl, die Temperatur wäre um ein paar Grad gefallen. „Galaxy Commander Than Hambush. Ich fordere einen Widerspruchstest gegen deine Anforderung und meine Versetzung in die Galaxis Pi. Steig in deinen Mech.“ Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie sich um und verließ den Raum.
Als Sandra gegangen war sah Andrej seinen alten Geschkokameraden an. „Du hast sie also wirklich angefordert?“
„Sie ist ein wahrer Rohdiamant. Für die anderen war sie nur minderwertiges Genmaterial, dass dazu neigt, für mehr Probleme innerhalb der Einheit zu sorgen als zu lösen.“
Andrej grinste herausfordernd. „So wie du, bis ich dich auf die Feinheiten in ihrer Akte aufmerksam gemacht habe?“
Than ließ Andrej einen Augenblick des Triumphes, bevor er antwortete. „Die meisten anderen wahrgeborenen Krieger hassen sie. Sowohl für ihre Geschkovergangenheit, als auch dafür, dass Sandra im Kreis der Gleichen ständig gewinnt, wenn man sie als minderwertig bezeichnet. Sie könnte wirklich genau das Werkzeug sein, dass mir in dieser Galaxie voller Freigeburten noch fehlt. Immerhin plane ich nicht, mich nur auf den eroberten Planeten zu langweilen.“ Than ging um den Schreibtisch herum und trank etwas aus dem Glas, das auf einem Beistelltisch neben Andrej stand. „Viel interessanter ist aber, dass ihre Untergebenen hinter ihr stehen. Diese Loyalität geht teilweise soweit, dass ihre Untergebenen andere in den Kreis der Gleichen fordern, wenn die Ehre ihres Star Colonels angegriffen wurde. Irgendwas" - er hielt kurz inne, bevor er fortfuhr - "macht sie richtig.“ Than stellte das Glas wieder ab und schenkte sich und Andrej nach. Andrej nickte zustimmend.
„Was willst Du jetzt mit dem Widerspruchstest machen?“
„Ihr zeigen, dass man selbst in unserem Alter, noch nicht zum alten Eisen gehört und der Jugend noch einiges beibringen kann.“ Than nahm sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand und begann es zu massieren – so wie er es immer tat, wenn ein Plan in einem Kopf Gestalt annahm. „Sie lebt für den Kampf. Und sie respektiert das Ergebnis eines Kampfes.“, kam es nachdenklich über seine Lippen. „Wenn ich sie besiege, wird sie die Galaxie Pi wohl immer noch hassen. Aber wir haben ihre Loyalität.“
Than öffnete eine Sprechverbindung zu seinem Tech. „Julia, sorge dafür, dass mein Mech und der von Star Colonel Sandra mit Übungsmunition bestückt wird. Persönliche Konfiguration Charlie.“
Die Sonne stand bereits tief am Horizont, als Sandra mit ihrem Timber Wolf das Zielgebiet erreichte. Ganze 3 Stunden hatte es gedauert, bevor sie und Than die Kaserne verlassen konnten um den von ihr geforderten Widerspruchstest auszutragen. Am liebsten hätte sie den Kampf direkt auf dem Gelände der Kaserne durchgeführt. Doch zu ihrem Bedauern waren Kämpfe innerhalb der Kaserne während der Aufbrucharbeiten für die Invasion untersagt. Beschädigungen an kriegswichtigem Material konnte jetzt keiner gebrauchen. So hatte Sandra sich dazu hinreißen lassen, Than den Ort des Kampfes wählen zu lassen. Er hatte sogar angeordnet, Übungsmunition verwenden zu wollen. Ihr dezenter Hinweis, dass dies als Feigheit ausgelegt werden würde hatte ausgereicht, um wieder auf scharfe Munition umzusteigen.
Sandra stoppte ihren Mech und betrachtete das vor ihr liegende riesige Tal. Die Scheibe ihres Cockpits hatte sich automatisch abgedunkelt, damit die Pilotin nicht von der Sonne, die ihr direkt gegenüberstand, geblendet wurde. Die Temperatur in ihrem Mech war aufgrund des erhöhten Marschtempos bereits leicht erhöht und auf ihrem Körper hatte sich ein leichter Schweißfilm gebildet. Das erhöhte Marschtempo war unnötig gewesen. Der Timber Wolf hätte die vorgegebenen Navigationspunkte auch so problemlos erreicht. Aber mit der Temperatur erhöhte sich auch Sandras Adrenalinspiegel. Und der war in ihren Augen unabdinglich für einen guten Kampf.
Sie blickte auf das Tal, in dem sie Than gleich besiegen würde. Es war übersäht mit Felsformationen in den unterschiedlichsten Formen. Mit einer kurzen Bewegung rief Sandra eine topographische Karte auf einem der Monitore auf. Die einzelnen Felsformationen erstreckten sich mindestens 20 Meter in die Höhe und verliehen dem ganzen Gebiet einen labyrinthartigen Charakter. Immer wieder gab es Lichtungen, die durch an Schluchten erinnernde Wege, miteinander verbunden waren. Die Felsen links und rechts der Schluchten waren dabei so gut wie nie zusammenhängend. Vielmehr wurden sie immer wieder unterbrochen und gaben so den Blick auf nebenliegende Gebiete frei. Die Wege selbst wiesen immer wieder mehr oder weniger starke Biegungen auf. Dadurch würde ein freier Blick, wie sie jetzt genießen konnte später nicht mehr möglich sein.
„Du verfluchter Surat. Da hast Du dir ja ein schönes Kampfgebiet ausgesucht. Perfekt, damit mein Geschwindigkeitsvorteil deinem Dire Wolf gegenüber nicht so schwer zum Tragen kommt.“
Sandra hatte die Worte extra leise ausgesprochen, um das stimmaktive Micro nicht zu aktivieren. Sie war daher sehr überrascht, als Thans Stimme aus ihren Lautsprechern kam. „Wie gefällt Dir unsere Arena, Sandra. Bist Du bereit, Frapos?“
Sandra lies sich zu einem verächtlichen Schnaufen herab. „Pos. Um dir die Schmach einer vernichtenden Niederlage zu bewahren gewähre ich dir Heigira.“
Heigira? Than traute seinen Ohren nicht. Sie hatte ihm wirklich Heigira angeboten. An Selbstbewusstsein mangelte es seinem zukünftigen Star Colonel definitiv nicht. Selbst wenn er den schwereren Mech besaß war Than nicht unbedingt sicher, dass er den Kampf auch gewinnen würde. Nach ihrer Herausforderung hatte er die Wartezeit genutzt und noch einmal einige ihrer alten Gefechtsroms analysiert. Er musste sich wiederwillig eingestehen, dass Sandra ihm an den Mechkontrollen definitiv überlegen war. Wollte er den Kampf gewinnen – und daran bestand kein Zweifel – musste er ihre Schwächen ausnutzen und sie zu Fehlern zwingen. Es wurde Zeit herauszufinden, wie dicht Selbstbewusstsein und Überheblichkeit beieinanderlagen. „Neg, StarColonel. Mir scheint du hast Angst gegen meinen Dire Wolf anzutreten, frapos?“ Er erhielt darauf keine Antwort. Nicht, dass er eine erwartet hätte. „Ich erwarte Dich im Kampfgebiet.“ Than beschleunigte seinen Mech und trat in das Labyrinth ein.
Sandra beschleunigte ihren Mech und stürmte in das Kampfgebiet. Dieser verfluchte Surat. Sie bot ihm die Möglichkeit eines ehrenvollen Rückzugs und er beleidigte sie. Es war eine Tatsache, dass die jungen Krieger den Alten überlegen waren. Dass Than trotzdem auf diesen Kampf bestand war fast schon lächerlich.
Ein heller Ton riss Sandra aus ihren Gedanken. Im Ortungsschirm war neues Ortungssignal aufgetaucht. Sie reduzierte die Geschwindigkeit ihres Timber Wolf und analysierte die Situation. Than stand still am Ende einer langen Schlucht. Er hatte sich perfekt positioniert. Sein Dire Wolf hatte den einzigen Eingang zu ihm im Blick. Eine perfekte Position um seine überlegene Waffenkraft zur Geltung zu bringen. Sandra vergrößerte den Kartenausschnitt, an der ihr Ziel auf sie wartete.
Statt den offensichtlichen Weg zu nehmen bog sie in eine parallel verlaufende Schlucht. Noch 400 Meter bis zum Ziel. Die Wände links und rechts von ihr waren nicht besonders **** und über 20 Meter hoch. Sie zielte auf das Ende der linken Wand und löste ihre Langstreckenraketen aus. 40 Raketen lösten sich aus den Lafetten und flogen auf die Felsen zu. Gleichzeitig beschleunigte Sarah ihren Timber Wolf auf Höchstgeschwindigkeit. Sandra genoss die leichten Erschütterungen, die bei dieser Geschwindigkeit selbst im Cockpit spürbar waren. Die Raketen schlugen ein. Die Explosion lies Steine in ihren Weg regnen, der Großteil der Felswand jedoch fiel auf die gegenüberliegende Seite – genau auf ihren Gegner. Ein Grinsen trat auf Sandras Gesicht. Sie trat in die Sprungdüsen und ließ ihren Timber Wolf in die Höhe steigen. Sie neigte den Torso ihres Mechs nach links und feuerte die Laser ab. Sie saßen genau im Ziel und zerschmolzen einen Felsbrocken. Als Symbol von der Ortung verschwand war auch das Grinsen von Sandras Gesicht verschwunden. Es wurde scheinbar doch noch ein interessanter Kampf.
Zufrieden betrachtete Than die Explosion, die sich südöstlich von seiner Position ereignete. Er brauchte keine Instrumente um die Ursache festzustellen. Die Charakteristika der Explosion waren zu offensichtlich um keine Raketensalve sein zu können. Than hatte dieses Gelände absichtlich gewählt. Hier kam es immer wieder zu Geisterblips und Störungen in der Ortung. Wirklich verlassen konnte man sich nur auf die Normaloptik. Die Schluchten waren eng und endeten häufig in Sackgassen, wodurch es unmöglich war, Geschwindigkeit als überragenden Vorteil ins Feld zu führen. Aus diesem Grund hatte er für diesen Kampf auch einen Dire Wolf statt seines sonst geliebten Warhawks gewählt. Die Feuerkraft dieses Mechs würde für einen kurzen Kampf sorgen, wenn sie sich endlich gegenüberstanden. Und er besaß genug Panzerung, um den einen oder anderen Treffer wegzustecken, bis es soweit war. „Ja, alles läuft wie geplant. Jetzt bist du bestimmt vorsichtiger und wirst deine Position nicht mehr durch unvorsichtiges Feuer verraten.“
Than sah auf die Karte. Anhand der Explosion konnte er ihre wahrscheinliche Position bestimmen. „Wenn Du den Weg gelaufen bist…“ Er suchte auf der Karte nach der Besten Position um den finalen Angriff zu starten. „Hier. Da treffen wir uns.“ Siegessicher setzte Than seinen Dire Wolf in Bewegung.
Sandra trieb ihren Timber Wolf mit der höchst möglichen Geschwindigkeit durch das Labyrinth. Viel zu langsam, nach ihrem Geschmack. Immer wieder waren neue Signale auf der MAD-Ortung aufgetaucht, die sich aber alle als falsch herausgestellt hatten. Erschwerend kam nun hinzu, dass die Ortung zeitweise komplett aussetzte. Die Geschwindigkeit, mit der sie ihren Mech steuerte ließ die Hitze in ihrem Cockpit nur langsam sinken. „Da hast Du dir eine schöne Spielwiese ausgesucht Than Hambush. Aber auch das wird dich nicht schützen. Du zögerst das unausweichliche nur hinaus.“
Etwas auf der Ortung erregte ihre Aufmerksamkeit. Es war, als ob in dem ganzen Rauschen kurzzeitig ein Signal aufgeblitzt war. Jetzt war es wieder verschwunden. Sie steuerte ihren Timber Wolf durch eine langgezogene Kurve. Da! Schon wieder. Jetzt war sie sich sicher. Immer wieder tauchte in kurzen Abständen ein Signal auf. Der Mech beschleunigte und je näher er dem Ziel kam, desto deutlicher wurde das Signal. Und wenn es nicht an den Störungen lag, hatte sich das Signal bewegt. Es stand in der Mitte eines langen für die Verhältnisse dieses Gebietes relativ weiten Weges, der zwei Schluchten miteinander verband. „Jetzt habe ich dich!“
Als er sah, wie das Ortungssignal beschleunigte, wusste Than, dass Sandra ihn bemerkt hatte. Sie lief gerade eine langgezogene Kurve entlang und ihr Weg würde sie genau vor seine Waffen führen. Der Gang, in dem sein Dire Wolf stand, weitete sich nach hinten hin trichterförmig und gab ihm damit genügend Raum für seinen Angriff. Das Signal kam näher. Kurz bevor es in Sicht kam feuerte Than seine Kurzstreckenraketen ab und löste den Feuerleitkreis für seine Autokanonen aus. Das Abfeuern aller Waffen trieb die Hitze in seinem Mech kurzzeitig nach oben, bevor die Wärmetauscher ihre Arbeit aufnahmen. Genau in dem Moment, als Sandra im Gang auftauchte schlug ein Inferno der Zerstörung auf ihrem Mech ein. Zumindest hätte es das tun sollen.
Erstaunt verfolgte Than, wie ihr Timber Wolf, von Flammensäulen getragen, durch sein Sichtfeld flog. Sandra hatte die Sprungdüsen gezündet und somit war der größte Teil des Feuers wirkungslos im Felsen verpufft. Sie hatte den Torso ihres Mechs in seine Richtung gedreht und feuerte jetzt zurück. Um die Lafetten auf ihren Schultern bildete sich Qualm und kurz darauf schossen die Langstreckenraketen in seine Richtung. Than löste sich aus seiner kurzen Starre und zog das Fadenkreuz für die Autokanonen in ihre Flugbahn. Ob mit Erfolg konnte er nicht mehr feststellen, denn gleichzeitig schlugen die Raketen ein. Than wurde in seiner Liege hin und her geschleudert. Obwohl die Gurte schmerzhaft in seine Muskeln schnitten zwang sich Than seinen Mech vorwärts zu bewegen in der Hoffnung, dass einige der ungelenkten Raketen über ihn hinwegfliegen würden.
Als die Einschläge vorüber waren, war Sandra verschwunden und Than analysierte die Lage. Sein Plan war gründlich schiefgegangen. Sandra hatte sich überhaupt nicht so verhalten wie erwartet. Sie steuerte ihren Mech extrem aggressiv. In diesem Areal die Sprungdüsen einzusetzen war riskant und hatte ihn überrascht. Sein Dire Wolf hatte etwas Panzerung verloren – aber nichts, was besorgniserregend wäre. Dem Schema nach hatte sie auch ihre Laser abgefeuert. Die Hitze in ihrem Mech musste nach dieser Aktion mörderisch sein. Than wandte sich wieder der Karte zu und suchte nach dem Ortungssignal. Als keins zu sehen war wusste Than, in welches Gebiet sie verschwunden war und begab sich auf den wahrscheinlichsten Abfangpunkt.
Sandra grinste. „Das hast Du Dir so gedacht, Surat.“ Durch den Einsatz der Sprungdüsen war sie dem schlimmsten entkommen. Ein paar Panzerplatten am Arm und den Beinen hatte sie eingebüßt, als Than seine Autokanonen in ihre Flugbahn gezogen hatte. Nichts, was ihr Sorgen bereitete. Die engen Gänge waren wie geschaffen für seinen Mech. Schon in der Geschko lernte man, sich einem Dire Wolf nie von vorne zu nähern. Seine Feuerkraft zerlegte die meisten Gegner mühelos in ihre Bestandteile. Die Schwäche dieses Mechs war seine Behäbigkeit und normalerweise würde sie diesen Geschützturm auf zwei Beinen einfach ausmanövrieren. Das Problem dran war das Gebiet, in dem sie sich befand. Sie hatte die Karte schon mehrmals kontrolliert und einfach keine freie Fläche gefunden, in dem Sie ihre Manövrierbarkeit ausspielen konnte. Im Gegensatz dazu konnte Than sich einen Ort suchen und nach Geisterbärenart auf sie warten. Es war an ihr, kreative Lösungen zu finden. So wie gerade, als sie ihn überraschte, indem sie ihre Sprungdüsen eingesetzt hatte. Aber dies würde kein zweites Mal funktionieren.
Sandra widerstrebte es, aber irgendwo in ihr entwickelte sich in einer kleinen Ecke so langsam Gefühl des Respekts für ihren Gegner.
Than warf einen besorgten Blick auf seine Statusmonitore. Sie waren mittlerweile seit einigen Stunden in diesem Labyrinth. Seit ihrer ersten Begegnung hatten sie sich immer wieder einen kurzen Schlagabtausch geliefert, bei der mal der eine, mal der andere Mech im Vorteil war. Mittlerweile hatten beide Maschinen ordentlich Schaden einstecken müssen. Was ihn aber wirklich besorgte waren die schwindenden Munitionsvorräte. Than hatte in seinem Übermut damit gerechnet, dass dieser Kampf schnell vorüber sein würde und auf Energiewaffen verzichtet. „Es wird Zeit, das Ganze zu beenden. Sonst gewinnt sie noch, weil ich leergeschossen bin.“
Than sah auf die Wärmeskala, die mittlerweile wieder in den oberen gelben Bereich gestiegen war. Er reduzierte die Geschwindigkeit seines Dire Wolf bis dieser fast Stand. Vor ihm lag eine enge Kurve und er wollte seine volle Kampfkraft, sollte er hinter der Biegung auf Sandra treffen.
Diese hatte ihn in den vorangegangenen Scharmützeln immer wieder mit waghalsigen Manövern überrascht. Seine Gedanken wanderten unwillkürlich zu dem Moment, als sie oben auf den brüchigen Kanten der Felsketten stand, die die Wände dieses Labyrinths bildeten. Mit dieser Aktion hatte sie ihn vollkommen überrumpelt und er hatte sie erst bemerkt, als die Einschläge der Raketen seinen Mech durchschüttelten. Sie stand zu hoch, um sie mit seinen Autokanonen ins Ziel zu nehmen, also feuerte er auf die Felskette. Als ob sie damit gerechnet hatte, hatte Sandra rechtzeitig ihre Sprungdüsen gezündet um wieder im Labyrinth zu verschwinden.
Waghalsig, eher nach Art der Jadefalken, als der Geisterbären. Aber trotz alledem ein würdiger Gegner.
Sandra sah noch einmal auf die MAD-Ortung. Immer wieder tauchten Signale auf und verschwanden. Sie hätte schwören können, dass sich eines der Signale vorhin noch bewegt hatte. Jetzt aber stand es still und würde wohl gleich auch wieder verschwinden. Ein neues rotes Symbol lenkte ihren Blick von der Karte auf einen der Sekundärmonitore. Laut Anzeige war ein weiterer Wärmetauscher ausgefallen. Ihre Art, den Timber Wolf ständig an seinen Grenzen zu fahren forderte immer mehr Tribut. Die Techs würden einiges zu tun haben, wenn sie ihn wieder im Hangar geparkt hatte. Sandra sah wieder auf die Ortung und wie erwartet war das Signal verschwunden „Wo bist Du, Than...“, fragte sie an sich selbst gerichtet.
Sie steuerte ihren Mech mit mittlerer Geschwindigkeit den Gang entlang und drehte ihren Torso in Richtung einer kleinen Lücke in den Felsformationen, als eine Bewegung auf der auf 180° gestauchten 360° Rundumsicht ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Direkt hinter hatte sich etwas bewegt.
„Verfluchter Surat...“ fluchte sie laut, als sie den Ausschnitt vergrößerte. Hinter ihr war Than in den Gang getreten und richtete seine Waffen auf ihren Timber Wolf aus. Sie trat in die Pedalen. Ihr Timber Wolf beschleunigte direkt auf die Lücke in der Felswand zu und die Beschleunigung presste sie in ihre Liege. Auf der Rundumsicht konnte sie die Mündungsblitze von Thans Autokanonen aufblitzen sehen und kurz darauf spürte sie die Einschläge. Sie musste mit den Kontrollen kämpfen um ihren Mech in der Spur zu halten. Ein schriller Warnton erfüllte das Cockpit und Sandra sah auf das Panzerdiagramm. Einige der Sektionen waren von Gelb auf Rot gesprungen. Viel würde sie nicht mehr einstecken können. Aber jeder Schritt brachte sie näher auf die rettende Lücke zu. Sandra drehte Than die rechte Torsoseite zu um sich so noch etwas Zeit erkaufen zu können. „Knapp...“, schätze die Entfernung ab. „Aber wenn ich jetzt nicht springe, nimmst Du mich so oder so auseinander.“ Sie zündete ihre Sprungdüsen und die Einschläge wanderten von vom Torso hinunter zu den Beinen. Plötzlich schrillte ein erneuter Warnton auf und der Mech brach nach rechts aus. Das Schadensdiagramm zeigte an, dass alle Sprungdüsen rechts ausgefallen waren und der Computer versuchte gerade vergeblich, dies zu korrigieren.
Than sah erstaunt die Wirkung seiner Einschläge und wie Sandras Timberwolf nach rechts neigte. Die Lafette auf der Rechten Schulter berührte die Felswand. Funken sprühten, als der Mech sich immer weiter die Felswand hochschob. Fast schien es so, als wollte er sich mit „Hilfe“ der Lafette aufrichten. Dann sprühten Funken unter der Lafette hervor und kurze Zeit später riss sie ab und lies den Timberwolf wieder direkt in Felswand krachen. Than war dem Schauspiel fasziniert gefolgt, aber es wurde Zeit, dem Ganzen ein Ende zu machen. Das Diagramm für die Munitionsvorräte zeigte ihm deutlich an, dass er sie komplett verbraucht hatte.
Than ließ den Dire Wolf direkt auf Sandras Mech zumarschieren. Sie schien immer noch zu versuchen, mit ihrem Mech aufzustehen. „Kampfgeist hast Du, das muss man dir lassen.“ Er richtete die leer geschossenen Autokanonen direkt auf den empfindlichen Rücken aus und öffnete einen Kanal zu ihrem Mech.
„Akzeptierst du deine Niederlage in diesem Widerspruchstest Star Colonel Sandra, frapos?“
Sandra hieb schnaufend auf den Öffnungsmechanismus für die Gurte ihrer Pilotenliege. Es war unmöglich, den Mech wieder auf die Beine zu bringen und Than würde ihr nicht den Gefallen tun und ihr vor die Geschütze laufen.
„Akzeptierst du deine Niederlage...“ klang Thans Stimme in ihrem Kopf nach. Sie wusste, dass sie antworten musste.
„Pos. Ich werde Teil deiner Garnisionseinheit sein.“ presste sie zwischen ihren Zähnen hervor – unfähig ihren Ärger zu unterdrücken.
„Du hast gut gekämpft Star Colonel. Ich habe Techs angefordert, die Deinen Mech bergen werden. Ich gehe davon aus, dass Du auf sie warten möchtest, frapos.“ Sie hatte jetzt einen überheblichen oder arroganten Unterton in seiner Stimme erwartet. Dass es Respekt war, der dort rüberschwang ärgerte Sie noch mehr. „Pos Galaxy Commander.“. Es war das erste Mal, dass sie ihn mit seinem Rang ansprach.
Sie war jetzt Teil der Galaxis Pi. Gebunden durch ihre Ehre. Und es gab erstmal nichts, was sie dagegen tun konnte...
Edited by Bergonix, 06 October 2016 - 12:06 AM.